Ich habe das Stück sehr gerne gesehen. Es war sehr interessant,
außergewöhnlich, experimentell.
Ich habe so etwas noch nie gesehen. Alle Theaterstücke, die ich
kenne, haben so etwas wie eine Handlung. Dieses hatte ein
Thema, keine richtige Handlung. Es war für mich weniger
verwirrend, als ich es erwartet hatte.
Das Thema - erwachsen werden - war klar zu erkennen. Bizarr,
faszinierend, manchmal beängstigend oder sogar abstoßend (z.B.
der Teil, wo die zwei Mädchen vom Fels gesprungen sind) waren
die einzelnen Bruchstücke. Nur ausnahmsweise einmal wirkten die
Schauspieler normal und natürlich. Meistens waren sie
verkrampft, verzerrt, bedrückt, "zerdrückt", und das haben sie alle
sehr toll gespielt, wie ich finde. Sogar die Stimmen waren
meistens verzerrt, die Aussprache unnatürlich verstellt. Das fand
ich faszinierend.
Die einzelnen Bruchstücke fand ich sehr interessant. Sie erinnern
oft an Albträume. Auch haben viele mich an Kafka denken lassen.
Auch er skizziert Dinge, wie sie nicht in der Realität vorkommen
können, sondern die man eher nur träumen kann und die eine
unbehagliche und beengende Stimmung bewirken. Da ich ja Kafka
mag, haben mir die Texte auch gut gefallen. Ich mag es, wenn
man sich selber fragen muss, wie das wohl gemeint sein mag,
was wohl dahinter stecken mag.
Der weiße Raum, in dem das Stück spielt und von dem auch
mehrfach die Rede ist, ist für mich weniger eine Metapher für die
innere Leere, schöner finde ich, wenn der Raum für das
"unbeschriebene Blatt" steht, das hinsichtlich der
Persönlichkeitsentwicklung der Jugendliche selbst ist und das im
Zuge des Erwachsen-Werdens beschrieben wird. Und wie wird es
beschrieben? Nicht in einem souveränen Zug, nicht gleich ganze
vollendete Sätze, die sofort "druckreif" wären; nein, es sind
Versuche, Skizzen, eigentlich nicht lesbar, eher Kritzeleien, wobei
die Darsteller keinen Zweifel daran lassen, dass es ernst gemeinte
Versuche sind, dass sie sich anstrengen. Da fällt mir Max Frisch
ein: "Wer schreibt, liest sich selbst." Die Jugendlichen möchten
durch Schreibversuche herausfinden, wer sie sind. Das wird ja
dann auch in einem Text artikuliert. ("Wer bin ich? Was bin ich?)
Oder (auch Max Frisch): "Ein Mann hat eine Erfahrung gemacht.
Nun sucht er die Geschichte zu seiner Erfahrung." Erweitert auf
das Stück: Die im Zuge des Erwachsen-Werdens gemachten
Erfahrungen müssen noch in eine Geschichte gegossen werden,
damit man sich selbst und anderen sich erzählen kann.
Der, der das ganze Stück über Hämmert, hat für mich zweierlei
Bedeutung: Er will erstens aus dem Kokon des Heranwachsenden
heraus, den Kokon also aufbrechen, aber zweitens will er sich
selbst modellieren, sich konturieren, sich ein Profil geben. Oder:
Sich auf den Grund gehen. Da am Ende Mauerwerk zu sehen ist
an der Stelle, an der er gehämmert hat, ist für mich letzteres
überzeugender: Er ist sich auf den Grund gegangen. Das
Hämmern ist dergestalt, dass nicht jeder Schlag sitzt. Selbst die
Treffer sind mühselig, anstrengend, von Frust begleitet.
Am Ende schaffen alle den Sprung und sind keine Jugendlichen
mehr; eine wirft das Kuscheltier von sich - wohl als Zeichen, dass
der Prozess nun abgeschlossen ist.
Mir hat es sehr gut gefallen, da es so unkonventionell war.
Vielleicht wird man sich irgendwann nicht mehr so gut daran
erinnern, was so alles gesagt wurde, aber an die Art der
Darbietung wird man sich immer erinnern. Das Weiß, die
Perücken, die schräge Bühne. Und die verkrampften Mimiken. Mir
hat auch die Musik sehr gut gefallen. Sie war gut ausgewählt.